»Doing Memory« als Perspektive für eine plurale Gesellschaft. Eine prismatische Betrachtung politischer, medialer und künstlerischer Verhandlungen von rassistischer Gewalt in Rostock-Lichtenhagen (VW-Stiftung)

 

Seit kurzem ist das  Portal „Doing memory für eine plurale Gesellschaft”  online, das in Kooperation mit Prof. Dr. Tanja Thomas an der Universität Tübingen und Prof. Dr. Matthias N. Lorenz von der Universität Hannover entstand (Finanzierung: VW-Stiftung).
Das Portal thematisiert Praktiken des Erinnerns und Vergessens an rechte Gewalt. Es fußt auf partizipatorischer Forschung und entwirft öffentliches Doing Memory für eine plurale Gesellschaft als notwendig multiperspektivisch und damit vielfach konflikthaft.
Theoretische Ansätze zur Untersuchung von Doing Memory – wie etwa des hegemonialen Zuhörens – übersetzt das Projekt mittels eindrucksvoller Stimmen verschiedener Erinnerungsakteure und macht sie damit sichtbar.
Zu hören und zu sehen sind Betroffene, Zeitzeug:innen, Medien-, Film-, Theater- und Kunstschaffende – sie lassen mit dem Projekt selbst einen Raum des öffentlichen Erinnerns entstehen und laden ein, an einer demokratischen, pluralen Gesellschaft mitzuwirken.

 

2016 war in der Bundesrepublik ein Allzeithoch rechtsextremer Straftaten zu verzeichnen – und dies macht deutlich, dass rechte Gewalt eine gegenwärtig brisante Herausforderung für gesellschaftlichen Zusammenhalt im Einwanderungsland Deutschland darstellt. Das Projekt »›Doing Memory‹ als Perspektive für eine plurale Gesellschaft« fragt, wie anerkennende wie auch verkennende Praktiken der Erinnerung an schwere rassistische Gewalttaten in Deutschland nach 1945 ausgehandelt wurden und werden. Es nimmt dabei eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Perspektive ein: Das Projekt rekonstruiert die Vor- und Nachgeschichte rassistischer Gewalt am Beispiel der Angriffe auf das ›Sonnenblumenhaus‹ in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 und diskutiert, wie Erinnerungspraxen in den vergangenen 25 Jahren mit der Anerkennung von Leid, aber auch mit Formen des Verdrängens, Ignorierens und Leugnens gegenüber rechter Gewalt und ihren Opfern in Deutschland einhergegangen ist und einhergeht. Anhand medialer, ästhetischer und politischer Erinnerungspraxen wird eine prismatisch angelegte Betrachtung erarbeitet. Das Projekt versteht sich dabei selbst als ein »Erinnerungsrahmen« (Halbwachs) für eine kritische öffentliche Auseinandersetzung mit pogromartigen Angriffen auf Flüchtende und deren Unterkünfte, die in der Bundesrepublik seit 2015 erneut eine Konjunktur erfahren.